1. ADS – ein fragwürdiger Begriff

Im Jahr 2000 kam der erste Schüler mit einer offiziellen ADS-Diagnose in meine Praxis. Ich gestehe, dass der Begriff mir damals noch nicht bekannt war und ich mich erst einmal kundig machen musste. Natürlich waren mir die meisten Symptome, die mit ADS in Verbindung gebracht werden, seit vielen Jahren geläufig. Schließlich übernahm ich den Begriff und entwickelte ein eigenes ADS-Diagnoseverfahren, dessen Kernstück Sie weiter unten als „ADS-Test“ vorfinden.

Nach inzwischen rund zwanzig Jahren Erfahrung mit sogenannten ADS-Kindern distanziere ich mich jedoch von dem Begriff und benutze ihn nur noch formal, da er sich bei Eltern und Schülern ebenso durchgesetzt hat wie in den Medien und Bildungseinrichtungen. Weiter unten werde ich begründen, warum ich die Bezeichnung Anpassungs-Defizit-Syndrom für zutreffender halte als Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom. Auch auf den Begriff ADHS verzichte ich weitgehend.

Seit der Jahrtausendwende habe ich eine dreistellige Zahl von Schülern betreut, die positiv auf ADS getestet worden waren. Bei fast allen war eines der beiden Symptome klar dominant: entweder das Aufmerksamkeits- bzw. Anpassungsdefizit oder die Hyperaktivität. Die Fälle, in denen beide Symptome etwa gleich stark waren, sind mir so selten begegnet, dass ich den Begriff ADHS für überflüssig halte. Bei ADSlern ist Hyperaktivität nach meinen Erfahrungen nur eines von vielen Symptomen, das wohl genauso oft schwach, stark oder gar nicht vorhanden ist, wie bei den nicht von ADS Betroffenen.

Während ich diesen Text schrieb, kam mir der Gedanke, dass ich mich mit meiner Skepsis gegenüber dem ADS-Begriff möglicherweise allein auf weiter Flur befinde. Nach einer ausführlichen Internetrecherche war ich erleichtert, dass viele „ADS-Experten“ gegenüber den klassischen ADS-Diagnosen ähnliche Zweifel hegen. In zahlreichen Artikeln wird darüber berichtet, dass Lehrer, Forscher und Ärzte in den letzten zehn Jahren immer häufiger eine Konzentrationsschwäche bei Schulkindern diagnostizieren und dass der Befund „ADS“ einen stetigen prozentualen Zuwachs zu verzeichnen hat.

In einer Sonderveröffentlichung zum Zappelphilipp-Syndrom vom 14. Januar 2014 mit der Überschrift Die Fehldiagnose „ADHS“ und ihre fatalen Folgen berichtet die Tageszeitung Die Welt über eine Verdopplung der ADS-Diagnosen binnen fünf Jahren und einer Versiebenfachung der Verschreibung von Mitteln gegen ADS, wie etwa Ritalin. Inzwischen haben sich weltweit zahlreich renommierte Ärzte, Psychologen und Neurologen kritisch zur Diagnose ADS/ADHS geäußert.

So warnt auch der US-amerikanische Neurologe Richard Saul vor psychischen Schäden bei gesunden Kindern, die durch die Einnahme von Präparaten wie Ritalin erst wirklich krank werden und kritisiert vor allem die undifferenzierten Fragebögen, auf deren Basis Fehldiagnosen vorprogrammiert sind. Bei Ritalin seien die häufigsten gesundheitsschädlichen Nebenwirkungen Depressionen, Verschlechterung der Gehirnfunktionen sowie Schlaf- und Appetitlosigkeit.

Nach meinen Erfahrungen mit Kindern von der Grundschule bis zum Abitur werden vor allem diese zwei Faktoren als Krankheitssymptome fehlinterpretiert:

  •  Insbesondere in der Grundschule werden manchmal ganz normale, minimale Entwicklungsverzögerungen bei den Kindern teils von den Lehrern, teils von den Eltern dramatisiert und als therapiebedürftig eingestuft.
  •  Kinder sind von Natur aus auf unmittelbare Lustbefriedigung ausgerichtet und tun sich schwer mit unlustbetonten Anpassungsleistungen. Wenn dann noch eine hohe Sensibilität und ein stark entwickeltes bildhaftes Vorstellungsvermögen hinzukommen sowie weitere persönliche Eigenschaften, die die Impulssteuerung beeinträchtigen, dann können diese Kinder ihr Potenzial meist nicht annähernd in Leistung übertragen.

Der von mir entwickelte ADS-Online-Test zielt vor allem darauf ab herauszufinden, welchen Einfluss diese beiden Faktoren darauf haben, wie ein Kind sich selbst und seine Umgebung wahrnimmt und sich dementsprechend verhält. Formal ähnelt der Test den klassischen ADS-Diagnoseverfahren, in Wirklichkeit ist er jedoch eher ein alternativer ADS-Test, weil es in ihm nicht darum geht, eine Krankheit zu diagnostizieren, sondern möglichst genau zu erfahren, wie ein Kind tickt, um dann auf dieser Basis seine Motivation, Konzentration usw. optimal fördern zu können.

Wenn Sie im Internet nach einer Definition für Aufmerksamkeit suchen, werden Sie auf verschiedene Aufmerksamkeitsmodelle stoßen; der ADS-Begriff suggeriert jedoch, es gäbe nur einen. So kann es Ihnen passieren, dass Sie an einem Wochenende drei verschiedene Bücher über ADS lesen, in denen jeweils ein unterschiedlicher Aufmerksamkeitsbegriff verwendet wird, der dann auch noch nicht einmal explizit erklärt, geschweige denn begründet wird. Eine allgemeingültige Definition kann und will auch ich nicht liefern. Stattdessen möchte ich zwei verschiedene Formen von Aufmerksamkeit beschreiben, und zwar aus dem unmittelbaren Kontext konkreter Erfahrungen heraus.

2. ADS-Diagnose trotz hoher Aufmerksamkeit

In meinen Praxisräumen befindet sich eine kleine gläserne Skulptur, die einen Delphin mit einem Baby im Bauch darstellt. Auf der Suche nach diagnostisch und therapeutisch sinnvollen Wahrnehmungsübungen kam ich irgendwann auf die Idee, Schüler den „schwangeren Delphin“ suchen zu lassen. Dabei beobachtete ich die Kinder und hielt mit einer Stoppuhr fest, wie lange sie dafür brauchten. Einige hielten bereits nach wenigen Sekunden die Trophäe in der Hand, andere wollten nach einigen Minuten einen Tipp und wieder andere gaben nach spätestens zehn Minuten, der maximalen Suchzeit, resigniert auf.

Was ich zunächst als Zufall deutete, stellte sich nach vielen weiteren Versuchen als handfeste Tatsache heraus: Kinder mit einer positiven ADS-Diagnose fanden den schwangeren Delphin in der Regel deutlich schneller als ihre „normalen“ Mitschüler. Dieser Trend bestätigte sich bei zahlreichen ähnlichen Wahrnehmungsübungen, sodass ich bei ADS-Kindern von einer spezifischen Wahrnehmungsdisposition spreche.

Schüler mit „ADS“- Befund finden den
schwangeren Delphin deutlich schneller.

Zu ganz anderen Ergebnissen führt regelmäßig eine Konzentrationsübung, die ich „der rote Faden“ nenne. Dabei sollen die Schüler zwischen fünf und fünfzehn Minuten – je nach Altersstufe – während eines Gesprächs mit mir möglichst eng beim Thema bleiben. Kommt es zu Abschweifungen, ertönt jeweils ein Gong aus der Klangschale. „ADSler“ erzielen meist nicht nur eine wesentliche höhere Gong-Quote, sondern sind sich ihrer Abschweifungen auch weniger bewusst.

Die rhetorisch besonders Begabten unter ihnen geben oft die abenteuerlichsten Begründungen dafür ab, warum sie ihrer Meinung nach nicht abgeschweift sind. Weshalb sie sich dabei immer im Recht fühlen, hängt damit zusammen, dass sie nicht in der Lage sind zu unterscheiden, welche ihrer Assoziationen während eines Gesprächs innerhalb und außerhalb des Themenfeldes liegen. Entscheidend ist für sie nicht der Inhalt einer Assoziation, sondern deren emotionale Energie. Da sie nicht anders können, haben sie naturgemäß auch kein Fehlerbewusstsein.

Es ließen sich Dutzende weiterer Beispiele von Aufmerksamkeitsfeldern anführen, bei denen mal die „ADSler“, mal die anderen zu besseren Ergebnissen kommen. Festzuhalten bleibt, dass es unterschiedliche Formen der Aufmerksamkeit gibt und entsprechend unterschiedliche Typen, denen es je nach Anforderung besser oder schlechter gelingt, aufmerksam zu sein.

Nach meinen Erfahrungen gibt es ein entscheidendes Kriterium, das ausschlaggebend dafür ist, welcher Typ bei bestimmten Aufgaben über eine höhere Aufmerksamkeit verfügt. Die Lernleistungen des „ADS-Typs“ hängen extrem von seiner Eigenmotivation ab, wenn also der Lerngegenstand sich im Zentrum seines individuellen kognitiven und vor allem emotionalen Interessenfeldes befindet. Er ist besonders aufmerksam, wenn ihm eine Tätigkeit unmittelbar gefällt, und es spielt dann keine oder nur eine untergeordnete Rolle, ob sie ihm langfristig Nutzen oder Schaden bringt. Alles, was sich ihm intuitiv erschließt, hat für ihn Vorrang vor struktureller Organisation. Seine spezifische Wahrnehmungsdisposition basiert also auf der Vorfahrt für intuitive und lustbetonte Impulse.

Das vorrangige Streben nach Lust ist zwar ein allgemein menschliches Phänomen, doch bei Kindern und Jugendlichen ist es stärker ausgeprägt als bei Erwachsenen, bei Mädchen weniger stark als bei Jungen, bei diesen umso mehr, je sensibler sie sind, und wenn dann noch die Pubertät hinzukommt, dann haben wir es mit dem Schülertyp zu tun, den ich auf der Seite „Lust und Angst beim Lernen  als Lusttyp bezeichnet habe.

3. Kann man wollen, was man will? ADS und die Willensfreiheit

Der Philosoph Arthur Schopenhauer hat einmal gesagt, der Mensch könne zwar tun, was er will, aber nicht wollen, was er will. Ganz so weit würde ich persönlich nicht gehen, da es nach meinen Erfahrungen mit bestimmten Wahrnehmungsübungen durchaus möglich ist, auch auf die motivationale Grundstruktur, das heißt auf den Willen Einfluss zu nehmen. Ein anschauliches Beispiel dafür finden Sie auf der Unterseite Hausaufgaben …, wo Sie eine Mutter mit ihrem Sohn dabei beobachten können, wie es den beiden nicht gelingt, ihren Willen wahrzunehmen mit der Konsequenz, ihn auch nicht steuern zu können.

Der Wille eines Menschen lässt sich durch ein auch noch so gut gemeintes Appellieren, Dressieren oder Züchtigen nicht nachhaltig beeinflussen. Leidensdruck kann bestenfalls bewirken, dass sich die Bereitschaft vorübergehend verstärkt, an einer unbefriedigenden Situation etwas zu verändern. Aber nur wenn es gelingt, am inneren System einer Persönlichkeit und an den Systemfaktoren, die von außen auf sie einwirken, etwas zu verändern, besteht die Möglichkeit, dass die motivationale Grundstruktur auch Anpassungsleistungen mit einbezieht, die nicht ausschließlich auf unmittelbaren Lustgewinn bzw. auf spontane Unlustvermeidung ausgerichtet sind. Wenn wir einem „ADS-Kind“ wirksam helfen wollen, müssen wir sowohl dessen spezifische Motivation kennen als auch die Systemfaktoren, die von außen darauf einwirken.

Ersteres scheint wesentlich einfacher zu sein, da sich der unmittelbare Wille eines Kindes in dem ausdrückt, was es tut, wenn man es lässt. Was aber, wenn diesen Willen schulisches Lernen weitgehend kaltlässt, und er sich fast ausschließlich auf Tätigkeiten richtet wie Computerspielen, im Internet surfen, Musik hören, Fernsehen usw.? Als Erwachsene wissen wir, welche Schäden auf das Kind zukämen, ließen wir es dabei einfach gewähren. Es wäre dann immer weniger in der Lage, selbst elementare gesellschaftliche Anpassungsleistungen zu erbringen und würde mit hoher Wahrscheinlichkeit ins soziale Abseits geraten. Darüber sind sich die meisten Kinder zwar auch selber im Klaren, doch besonders den klassischen „ADS-Typ“ beeindruckt diese Tatsache kaum, da er ja später Fußballprofi, Deutschlands Superstar oder einfach nur Hartz IV wird.

Um solchen Illusionen zu verfallen, müssen Schüler heute nicht unbedingt ein „ADS-Typ“ sein, doch dieser unterliegt ihnen meist schneller, häufiger und gründlicher. Wie ist das möglich? Welche Systemfaktoren wirken so negativ auf diese Kinder ein, dass man sich Sorgen um ihre Lebenstauglichkeit machen muss? Warum nimmt, wenn man den Statistiken glauben darf, die Zahl der ADS-Befunde besonders bei Kindern und Jugendlichen seit Jahren kontinuierlich zu?

Das sind Fragen, auf die ich plausible Antworten zu erhalten hoffte, als ich immer wieder neue Bücher zum Thema „ADS“ las. Da mich die dortigen Antworten nicht zufrieden stellen konnten, begann ich die Systemfaktoren genauer unter die Lupe zu nehmen, denen die Schüler ausgesetzt waren, die bereits positiv auf ADS getestet worden waren, oder bei denen die klassischen ADS-Symptome unübersehbar waren. Unter Systemfaktoren verstehe ich sämtliche inneren und äußeren Gegebenheiten, die auf die Persönlichkeit und speziell auf das Lernverhalten von Schülern Einfluss nehmen, wozu insbesondere die psychischen, physischen, geistigen, familiären, schulischen, Freizeit bezogenen, gesellschaftlichen und zivilisatorischen Einflussfaktoren zählen.

4. Lernen und Gehirn bei ADS-Kindern

Bevor ich auf einzelne Systemfaktoren zu sprechen komme, möchte ich kurz auf die von bestimmten Hirnforschern vertretene These eingehen, bei ADS handle es sich um einen neuronalen Defekt. Träfe dies zu, bräuchte man sich nämlich mit Systemfaktoren nicht weiter zu beschäftigen. Wenn Sie sich ausführlicher mit dieser Thematik vertraut machen wollen, empfehle ich Ihnen eine sehr umfangreiche Website, die in puncto Wissenschaftlichkeit, Objektivität und Verständlichkeit nach meiner Einschätzung Bestnoten verdient: Neurologische Aspekte von ADHS.

Diejenigen, die ADS für eine Hirnkrankheit halten, stützen sich vor allem auf Untersuchungen, denen zufolge bei vielen von ADS Betroffenen ein Dopaminmangel im Gehirn festgestellt werden konnte. Eine zu geringe Dosis des Neurotransmitters Dopamin führe dazu, so die Forscher, dass das Belohnungssystem der Betroffenen aus dem Gleichgewicht gerate und sie deshalb so extrem – bei allem, was sie tun – von unmittelbaren Belohnungen abhängig seien. Wäre dies die einzige Ursache für ADS und träfe sie auf alle davon Betroffenen zu, wäre es dann nicht verführerisch, auf eine medikamentöse Lösung des Problems zu setzen?

Doch nicht nur schädliche Nebenwirkungen, die bei Medikamenten wie zum Beispiel Ritalin beobachtet wurden, lassen es fraglich erscheinen, ob Doping mittels Dopamin der richtige Weg ist. Zwar kann nach meiner Überzeugung nicht ernsthaft bestritten werden, dass Dopamin eine zentrale Rolle spielt bezüglich des psychophysischen Gleichgewichts. Deshalb lautet die entscheidende Frage bei Dopaminmangel nicht, ob bei Unterversorgung mit diesem auch als Glückshormon bezeichneten Neurotransmitter Maßnahmen ergriffen werden sollten, sondern welche.

Abgesehen von wenigen extremen Fällen, bei denen eine medikamentöse Behandlung die ultima ratio darstellt, geht es um eine Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung: Symptombehandlung oder systemische, das heißt ganzheitliche Therapie. Letztere wird von führenden Neurobiologen und Neuropsychologen empfohlen, die den emotionalen Rahmenbedingungen beim Lernen, sowohl aufseiten der Lernenden als auch der Lehrenden eine vorrangige Bedeutung beimessen.

Ein Spiegel-Online-Artikel aus dem Jahr 2013 belegt die rapide Zunahme der Verschreibungen von Psychopharmaka für Kinder und Jugendliche. Einer in 2014 vom Sender 3sat veröffentlichten Studie zufolge ist die Anzahl der Rezepte für Kinder und Jugendliche in den vorangegangenen 15 Jahren von 5.000 auf 380.000 gestiegen.

Als ich in meiner Praxis zum ersten Mal mit ADS-Diagnosen konfrontierte wurde, war ich zunächst verwundert und verwirrt. Eltern von Kindern mit einer hohen Intelligenz, Kreativität und Sensibilität legten mir Gutachten vor, in denen ihren Kindern eine krankhafte Aufmerksamkeitsdefizitstörung attestiert wurde. Es waren vor allem die Kinder, denen ich ein besonders hohes Aufmerksamkeitspotenzial bescheinigt hätte, unter der Voraussetzung, dass sie eine bestimmte Tätigkeit als aufmerksamkeitswürdig einschätzen.

Es widerstrebte mir von Anfang an, die besonderen Fähigkeiten dieser Kinder als Krankheit einzustufen. Zunächst glaubte ich jedoch, mit dieser Haltung ein krasser Außenseiter zu sein, da ich damals im Internet praktisch keine wissenschaftlich fundierten kritischen Berichte über die neue „Krankheit“ finden konnte. Meine Erleichterung war groß, als rennomierte Wissenschaftler wie der Hirnforscher Gerald Hüther die Modediagnose öffentlich infrage stellten. Nachdem er bereits in Vorträgen angezweifelt hatte, dass ADS eine Krankheit sei, nahm er zu dem Thema explizit in einem ZDF-Interview Stellung:

Der Neurobiologe Professor Gerald Hüther bezweifelt, dass ADS eine Störung ist …

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5. Systemfaktoren, die ADS-Symptome verstärken

Wenn Sie sich die Mühe machen, verschiedene „ADS-Tests“ auf sich selbst oder Ihr Kind anzuwenden, wird es Ihnen wahrscheinlich ähnlich ergehen wie mir. Sie erhalten fast immer ein „positives“ Ergebnis, auch wenn Ihr Kind keine extremen Auffälligkeiten an den Tag legt. Hängt das nur mit der Schwammigkeit des ADS-Begriffs zusammen und damit, dass die Grenzen zu „normalen“ Schülern fließend sind? Ich sehe den Grund dafür eher darin, dass die Zahl der Schüler, die klassische ADS-Symptome aufweisen  wie Konzentrationsschwächen, geringe Ausdauer, Vergesslichkeit, geringes Selbstwertgefühl oder das Problem, Angefangenes zu beenden –, kontinuierlich wächst. Wie ist das zu erklären?

Wenn die Zahl der Betroffenen steigt, liegt die Vermutung nahe, dass allgemeine Einflussfaktoren dafür verantwortlich sind, dass also von den oben erwähnten Systemfaktoren die allgemeinen auf die individuellen einwirken. Die allgemeinsten Systemfaktoren sind die gesellschaftlichen und die zivilisatorischen. Letztere haben sich innerhalb einer Generation so rapide verändert wie noch nie zuvor in der Menschheitsgeschichte. Dies gilt vor allem für die Bereiche Kommunikation, Umwelt und Arbeit. Da hierüber weitgehend Einigkeit herrscht, verzichte ich auf nähere Erläuterungen und gehe direkt auf die Frage ein, was diese Veränderungen für die heutigen Kinder und Jugendlichen bedeuten.

Ein 14-jähriger Schüler konterte bei einem Erstgespräch in meiner Praxis die Frage seiner Mutter, warum er sich in der Schule nicht mehr anstrenge, mit einer Gegenfrage: „Warum soll ich mich anstrengen, wenn ich nicht weiß, ob ich je Arbeit bekomme, und vielleicht irgendwann nur noch mit einem Schutzanzug nach draußen gehen kann.?“ Dass Schüler ihre Zukunftsängste so offen ansprechen, ist eine seltene Ausnahme. Sobald man jedoch mit ihnen auf der unbewussten Ebene kommuniziert, wie etwa in Wachträumen, treten diese Ängste bei vielen an die Oberfläche.

„Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch.“ Gemäß diesem Spruch von Hölderlin sehen viele Schüler das Rettende in den erweiterten Kommunikationsmöglichkeiten im Zeitalter der Globalisierung. Besonders von Computerspielen und dem Surfen im Internet geht für die meisten heutigen Schüler eine ungeheure Faszination aus. Dort finden sie eine Wirklichkeit vor, in der sie sich selber wiederzufinden glauben. Die Schulwirklichkeit erleben sie dagegen als eine wirklichkeitsfremde Zwangsveranstaltung, der man sich zwar nicht entziehen kann, die es aber mit einem Minimum an Engagement und Energieaufwand hinter sich zu bringen gilt.

Zwei sich gegenseitig verstärkende Kräfte wirken dabei in die entgegengesetzte Richtung der Schulwirklichkeit. Die eine ist eine Art Fliehkraft, ein mehr oder weniger bewusstes Wegwollen von der Einrichtung, die sie auf eine Welt vorbereiten will, in der sie nicht leben wollen, eine Welt, die Anstrengung fordert, ohne Belohnung und Sicherheit zu garantieren. Gleichzeitig wirken ungeheure Zugkräfte in Richtung einer medialen Welt, von der man sich – wie etwa beim Fernsehen – anstrengungsfrei berieseln lassen kann, oder die man selbst gestalten kann in Form von unbegrenzten interaktiven Aktionen, zu denen die moderne Telekommunikation einlädt.

Auch wenn dieser doppelte Zug weg von der Schule heute bei vielen Zehn- bis Sechzehnjährigen zu beobachten ist, so trifft er nach meinen Erfahrungen in besonderem Maße auf Kinder zu, die unter „ADHS-Verdacht“ stehen. Oft reicht es für diesen Verdacht bereits aus, wenn Lehrer gegenüber betroffenen Eltern lapidar feststellen: „Ihr Kind kann sich nicht auf das Wesentliche konzentrieren.“ Hinter der Frage nach dem Wesentlichen verbirgt sich ein uraltes philosophisches und pädagogisches Problem.

Die alten Griechen leiteten das Wort Wesen = ousia von Ohr = ous ab. Sie verstanden unter dem Wesentlichen das, was man als Geheimnis mitgeteilt bekommt = akouein eis ous, und dem man dann bereit ist, sein Ohr zu leihen = ta ota parechein. Hängt die Tatsache, dass heute so breite Teile der Schülerschaft nicht bereit oder in der Lage sind, dem was die Lehrer ihnen als Tatsachen = pragma präsentieren, ihr Ohr zu leihen, vielleicht auch damit zusammen, dass Kinderohren sich fertigen Tatsachen tendenziell verschließen und sich nur dort weit öffnen, wo es noch Geheimnisse zu entdecken gibt?

Kinder wollen entdecken. Wer das Wiederkäuen belohnt und
das Entdecken bestraft, versucht die Kindheit abzuschaffen.

Es liegt in der Natur der Kinder, entdecken zu wollen; den Dingen, die ihnen verborgen sind, die Decke wegzuziehen. Bei diesen beiden Jungen ist es die Entfernung, die ihnen den Blick auf etwas Unbekanntes verdeckt, was sie sehen wollen.

Das Fernglas ist in diesem Fall das Werkzeug, das es ihnen ermöglicht, die Ferne zu entfernen, um sie nah und zugänglich zu machen.

Wenn der größte Teil der Motivation und Konzentration eines bestimmten Kindes in die Entdeckung seiner geistigen Innenwelten und/oder der äußeren Welt der physischen Erscheinungen fließt, dann würde ein mit ihm durchgeführter ADS-Test mit hoher Wahrscheinlichkeit positiv ausfallen.

Unsere Erde hat vermutlich noch nie so viele Entdecker gebraucht wie heute. Und dennoch geben wir den Entdeckern den Vorrang, die Medikamente entdecken, mit denen man den Entdecker-Typen das Entdecken austreiben kann. Ist ADS vielleicht gar keine Krankheit, sondern das Symptom, das eine Krise offenbart und womöglich sogar ein Heilmittel dagegen?

Trifft dies zu, hat dann nicht der österreichische Schriftsteller Robert Musil heute mehr denn je Recht mit seiner Feststellung?:

„Die Erwachsenen begehen eine barbarische Sünde, indem sie das Schöpfertum des Kindes durch den Raub seiner Welt zerstören, unter herangebrachtem, totem Wissensstoff ersticken und auf bestimmte, ihm fremde Ziele abrichten.“
Der Mann ohne Eigenschaften, Roman/I. Erstes und zweites Buch, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg, 16. Auflage 2002, S. 554

Können Lehrer nicht als Person wahrgenommen werden, dann kommt bei den Schülern schnell Langeweile auf und die Tafel bleibt leer.
Das gilt für ADS-Kinder in besonderem Maße.

So gesehen könnte man vieles von dem, was  in die „ADS-Schublade“ gesteckt wird, verstehen als die natürliche Reaktion gesunder Kinder auf krankhafte pädagogische Dressur in Form von verordneter Langeweile. Da aber diese Abwehrmechanismen der Kinder gegen den Raub ihrer Welt als Krankheit definiert werden, besteht die Gefahr, dass „ADSler“ auch infolge der damit verbundenen gesellschaftlichen Ausgrenzung früher oder später den Glauben an sich verlieren, immer mehr an Leistungsfähigkeit und Leistungswillen einbüßen und schließlich tatsächlich krank werden. Der Pädagogik-Professor Ulrich Herrmann schreibt dazu:

„Es ist nämlich gar nicht klar, ob nicht Hyperaktivität, Aufmerksamkeitsstörungen und Aggressivität ganz «normale» mentale Reaktionen auf systematisch organisierte unterrichtliche Langeweile sind!“
Ralf Caspary (Hg.), Lernen und Gehirn – Wege zu einer neuen Pädagogik, Beitrag von Ulrich Herrmann: Lernen findet im Gehirn statt, Herder, Freiburg im Breisgau 2008, S. 92

Auch wenn in den letzten Jahren vielversprechende reformpädagogische Ansätze, z. B. der von Enja Riegel, gezeigt haben, dass die Freude der Schüler am Lernen unter günstigen Rahmenbedingungen auch heute noch ungebrochen ist, kann man sich nicht darauf verlassen, dass wir schon bald flächendeckend Schulen haben, die mit Phänomenen wie „ADS“ angemessen umgehen können. Deshalb führt für betroffene Eltern und Schüler kein Weg daran vorbei, nach Möglichkeiten zu suchen, was sie selber zur Verbesserung ihrer Situation beitragen können.

Die Familie ist der einzige Systemfaktor, auf den Eltern und Kinder unmittelbar Einfluss nehmen können. Besonders wenn ADS mit Hochsensibilität einhergeht, können Eltern viel dazu beitragen, dass ihr Kind die von der Schule eingeforderten Anpassungsleistungen mit weniger Aufwand und mehr Erfolg aufbringen kann. Auf der Unterseite Hochsensibilität Schüler finden Sie unter Punkt III. neben zahlreichen Anregungen auch eine Übung, mit der Sie Ihrem Kind auf eine tiefgründige Weise den Rücken stärken können.

Unter Punkt 8 auf dieser Seite finden Sie eine Auflistung von weiteren hilfreichen Übungen, die geeignet sind, Motivation und Konzentration von Schülern zu stärken. Hier gehe ich nun näher auf einzelne Übungen ein, die nach meinen Erfahrungen das „ADS-Problem“ am wirksamsten und nachhaltigsten lösen können, indem sie an der Wurzel ansetzen.

6. ADS = Anpassungs-Defizit-Syndrom?

Das Kernproblem eines „ADSlers“ heißt Anpassung an unlustbetonte Außenanforderungen. Deshalb wäre es auch zutreffender, von einem  Anpassungs-Defizit-Syndrom zu sprechen. Der Grund hierfür liegt darin, dass dieser Typ emotional-assoziative Verknüpfungen gegenüber rational-logischen bevorzugt. Deshalb fällt es ihm so schwer, bei Gesprächen den roten Faden nicht zu verlieren, bei schriftlichen Arbeiten beim Thema zu bleiben, oder genaue Arbeitsanweisungen zu befolgen.

Statt das zu machen, was er von außen vorgegeben tun soll, folgt er spontan den inneren Impulsen, die eine bestimmte Vorgabe in ihm auslöst. So werden die Worte eines Gesprächspartners, das Thema eines Aufsatzes usw. oft nur als Stichworte aufgefasst, an denen entlang er seine subjektiven Empfindungen und Gedanken entwickelt. Dinge, die für ihn selber klar sind, die aber ein Außenstehender unmöglich ohne Erläuterung verstehen kann, lässt er einfach weg und wundert sich darüber, warum man ihn nicht versteht oder ihm Unklarheit vorwirft.

Ähnliches gilt für das leidige Thema Vergessen. Wenn Eltern ihn auf etwas ansprechen, was er vergessen hat, wird dieser Typ oft wütend und hat überhaupt kein Unrechtsbewusstsein. Das hängt damit zusammen, dass er innerhalb seines eigenen Systems tatsächlich nichts vergessen hat. Er ist lediglich der Prioritätenliste dieses Systems gefolgt, in dem das Vergessene bis zum Zeitpunkt, wo man ihn darauf anspricht, einfach nicht vorgekommen ist.

Außenstehende sind in solchen Situation aus nachvollziehbaren Gründen geneigt, ihm einen bösen Willen zu unterstellen. Er aber fühlt sich unschuldig, da er zwar tun kann, was er will, aber nicht wollen kann, was er will. Besonders im familiären Alltag bedeutet das: Stressige und nervige Szenen en masse sind vorprogrammiert.

Der wirksamste Ausweg aus diesem Dilemma führt an die Stelle, wo aus einem bestimmten Willen Handlungsimpulse entstehen. Beim typischen „ADSler“ bilden Wille und Handlungsimpuls eine untrennbare Einheit. Man könnte auch von einer unwillkürlichen Spontaneität sprechen. Der Betroffene ist kaum in der Lage, die mittel- und langfristigen Folgen seines Handelns abzuwägen, sooft man ihn auch darauf aufmerksam zu machen versucht. Ebenso wenig ist er fähig, die Kräfte wahrzunehmen, aus denen sich ein bestimmter Wille zusammensetzt. Er erlebt seinen Willen genau so als eine vollendete Tatsache wie die daraus resultierende Handlung. Sein Verhalten ist also ähnlich unwillkürlich wie die Atmung, und deshalb ist ihm auch eine sinnvolle – im Sinne von Schaden vermeidende – Anpassung kaum möglich.

Eine solche extreme Form von mangelnder Fähigkeit zur Selbststeuerung ist eher selten. In der Regel lernen Kinder, manche noch als Jugendliche, andere erst als Erwachsene, die einen ohne, die anderen mit fremder Hilfe, wann sie sich ohne Rücksichtnahme auf äußere Gegebenheiten und Anforderungen ganz ihren inneren Impulsen hingeben können und wann es opportuner ist, den eingeforderten Anpassungsleistungen Vorrang einzuräumen.

„Der vernünftige Mensch passt sich der Welt an; der unvernünftige besteht auf dem Versuch, die Welt sich anzupassen. Deshalb hängt aller Fortschritt vom unvernünftigen Menschen ab.“
Bernard Shaw

Das war Bernard Shaw, Wilhelm Don Hofer, Hrsg., Paul Neff Verlag, Wien u. a. 1955, S. 98

Dieses Zitat von dem britischen Schriftsteller Bernard Shaw verdeutlicht, dass eine schwach ausgeprägte Fähigkeit und/oder Bereitschaft zur Anpassung nicht nur ein Fluch sein muss, sondern auch eine Gabe sein kann, die für die betroffenen Individuen wie auch für die Gesellschaft von Vorteil ist. Ob Fluch oder Segen hängt letztlich davon ab, wie dem Einzelnen die Gratwanderung gelingt zwischen Anpassungsbereitschaft und -fähigkeit auf der einen und Anpassungsverweigerung und -unfähigkeit auf der anderen Seite.

Vor dieser Problematik stehen nicht nur Kinder und Erwachsene mit ADS-Diagnose. Was diese von der Mehrheit unterscheidet, ist deren oft extrem begrenzte Fähigkeit zur Selbststeuerung, das heißt, dass sie sich auch dort nicht anpassen können, wo sie es wollen und wo sie für ihr Anpassungsdefizit gnadenlos abgestraft werden. Für diese Schüler habe ich ein ebenso einfaches wie komplexes System entwickelt, dass es Ihnen ermöglicht, über eine subtile Selbstbeobachtung zu einer verbesserten Selbststeuerung zu gelangen.

7. Was ADS-Kinder dringend brauchen: Selbstwahrnehmung und Selbststeuerung

Schüler bei einer Übung zur Selbstwahrnehmung

Gedanken, Gefühle, Körperempfindungen

 Um sich selbst besser steuern zu können, müsste der Schüler zunächst lernen, sich selbst wahrzunehmen.
Da Probleme bei der Selbstwahrnehmung und Selbststeuerung zu den klassischen ADHS-Symptomen zählen, sollte der Schüler in der Lage sein,  sich seine körperlichen, geistigen und seelischen Empfindungen jederzeit bewusst machen zu können. Nur so ist er in der Lage, Impulse in ihrer Entstehung wahrzunehmen, also noch vor dem Zeitpunkt, wo sie bereits in Handlung umgesetzt sind.

Je dringender Schüler diese Übung brauchen, desto mehr Widerstand bringen sie ihnen oft entgegen, da es für sie ungewohnt ist, Impulse intensiv wahrzunehmen, ohne sie gleich auszuführen. Doch sobald sie die positiven Wirkungen solcher Übungen am eigenen Leib erfahren haben, lassen sich die meisten bereitwillig darauf ein.

Hat ein Schüler hinreichend Fortschritte bei der Selbstwahrnehmung gemacht, kann mit der Selbststeuerung begonnen werden, die unabdingbar ist für die Selbstorganisation im weitesten Sinne und besonders für die Lernorganisation. In diesen Übungen werden die bei der Willensentstehung verdrängten Faktoren ins Bewusstsein gehoben. Wichtig dabei ist, dass dieser Vorgang nicht von außen suggeriert wird, sondern als innerer Prozess abläuft. Bei manchen Schülern tauchen massive Widerstände auf, wenn diese Übungen in sitzender Haltung vorgenommen werden. Dann empfiehlt sich eine vergleichbare Übung im Liegen unter Tiefenentspannung.

Ein typisches Beispiel für Verdrängung bei der inneren Willensbildung ist die Unterschlagung negativer Folgen, zum Beispiel wenn ein „ADSler“ seine Hausaufgaben nicht macht. In dem Augenblick, wo er vergisst oder sich weigert, seinen Pflichten nachzukommen, stellt er die Tatsachen nicht in Rechnung, dass er Ärger mit seinen Lehrern und seinen Eltern bekommt und ihm der Computer, der MP3-Player, die Spielkonsole, das Handy oder was immer ihm lieb ist, befristet oder unbefristet entzogen wird. Nur wenn es ihm gelingt, solche Faktoren im Willensbildungsprozess und vor dem Umschlagen in Handlungsimpulse auf die Waagschale der Entscheidung zu legen, kann die Selbststeuerung gelingen.

Bei all diesen Übungen ist ein Faktor von besonderer Wichtigkeit. Man darf nicht vergessen, dass „ADSler“ primär emotionsgesteuert sind und noch seltener als andere nach rationalen Gesichtspunkten handeln. Es ist ein beträchtlicher Unterschied, ob ein Schüler nur weiß, welche Folgen auf ihn zukommen, oder ob er diese Folgen auch fühlt. Um Schaden von sich und seinen Bezugspersonen abwenden zu können, muss der Schüler in die Lage versetzt werden, negative Konsequenzen emotional und nicht nur kognitiv zu antizipieren.

Denn in dem Augenblick, wo es sich entscheidet, ob er seine Hausaufgaben macht, für eine Klassenarbeit lernt oder sich lieber seiner unmittelbaren Lust hingibt, zählen allein die gefühlten Lust- und Unlusteinheiten, die in der Pro- bzw. Kontra-Schale liegen. Die Antizipation kann nur gelingen, wenn es zu einer starken bildhaft-emotionalen Koppelung von jetzt zu erbringender Leistung und zukünftiger Belohnung kommt. Wünscht sich ein Schüler z.B. einen eigenen PC oder Laptop, dann müsste er im Idealfall das Gerät auf seinem Schreibtisch stehen sehen, wenn er konzentriert arbeitet, und es verschwinden sehen, wenn er abschweift oder sich vor notwendigen Arbeiten drückt.

8. Übungen und Tipps für Schüler mit einer ADHS-Symptomatik

  • Übungen zur Wahrnehmung von Gedanken
  • Übungen zur Wahrnehmung von Gefühlen
  • Gestalttherapeutische Übungen zum Ausdruck von Gefühlen
  • Mentale Übungen zur Steuerung innerer und äußerer Impulse
  • Gezielter Einsatz von spielerischen Elementen beim Lernen
  • Ein positives emotionales Verhältnis zum Lehrenden, auch wenn dieser eher belehrend als entflammend unterrichtet
  • Gezielte Förderung von Erfolgserlebnissen am oberen Rand des jeweiligen Leistungslevels
  • Spielerische Einübung von Selbstdisziplin und Selbstorganisation
  • Verbesserung der Kommunikation durch Einübung des „Roten Fadens“ bei Gesprächen
  • Qi-Gong-Übungen zur optimalen Koordination von Körper und Geist
  • Meditative Übungen zur Beruhigung der impulsiven Gedankenströme
  • Wachträume zum Aufdecken verdrängter Inhalte und zur Auflösung psychisch bedingter Blockaden
  • Atemübungen zur Steuerung von Gedanken- und Handlungsimpulsen
  • Befreiung von physischen Blockaden durch Harmonisierung des Energieflusses mittels Energiearbeit
  • Spielerische Spiegelung von Handlungsmustern, die in Teufelskreise führen
  • Einübung von kreativen und effizienten Lerntechniken
  • Aufbau einer stabilen Mitte zwischen Minderwertigkeitsgefühlen und Allmachtsphantasien
  • Einübung eines Gewahrseins, das innere und äußere Vorgänge synchron wahrnimmt

Neben dieser Auflistung finden Sie Übungen und Tipps für Schüler mit einer diagnostizierten oder vermuteten ADS-Symptomatik an verschiedenen Stellen auf dieser Website, die meisten auf den Seiten Was fördert die Konzentration beim Lernen? und Hochsensibilität Schüler.

9. ADS – Schwangerschaft und Geburt

Das Abenteuer des lebenslangen Lernens beginnt nicht mit der Geburt, sondern mit der Schwangerschaft. Diese wichtige Erkenntnis haben wir der modernen Hirnforschung zu verdanken. Wenn ein Baby frisch auf die Welt gekommen ist, sind die Weichen für seine physische, mentale und emotionale Entwicklung bereits weitgehend gestellt. Das liegt vor allem daran, dass sich das werdende Kind während der gesamten Schwangerschaft nicht nur physisch, sondern auch mental und emotional mit seiner Mutter in einem symbiotischen Verhältnis befindet.

„Das ungeborene Kind ist eben »immer dabei« – es ist Teil des emotionalen Lebens der Mutter. Das gilt natürlich nicht nur für die Angst, sondern für die ganze Palette von Gefühlen der Mutter.“ Gerald Hüther, Ingeborg Weser, Das Geheimnis der ersten neun Monate, Reise ins Leben, Beltz Verlag, Weinheim 2015, S. 118

Als ich in 2010 damit begann, die Schwangerschafts- und Geburtsverläufe meiner Schüler routinemäßig zu erfragen, bat ich deren Mütter einzuschätzen, als wie stressig oder entspannt sie diese Phase empfunden hatten. Sofern für das Kind ein positiver ADS-Befund vorlag, verglich ich die beiden Quoten. Dabei zeigte sich, dass Kinder von in der Schwangerschaft stark gestressten Müttern fast um das dreifache häufiger positiv auf ADS getestet worden waren. Sollte sich diese Korrelation in wissenschaftlichen Tests bestätigen, dann könnte eine Stressreduzierung für schwangere Mütter als Prophylaxe geeignet sein bezüglich der Symptome, die mit ADS in Verbindung gebracht werden.

Das wichtigste, was die Mutter selbst zum Wohl ihres Kindes beitragen kann, ist, alles in ihrer Macht stehende dafür zu tun, dass ihre eigenen Atemzüge während der Schwangerschaft überwiegend von Freude begleitet sind und so wenig wie möglich von Stress. Indem sie gut für sich selbst sorgt, tut sie unmittelbar auch dem heranreifenden Wesen in ihrem Mutterleib gut. Alle, die mit ihr in dieser Zeit intensiv in Berührung kommen, sollten sie dabei unterstützen, in dem Bewusstsein, dass Stress, den sie der werdenden Mutter ersparen und ein Lächeln, das sie ihr ins Gesicht zaubern, beim ungeborenen Kind ankommt und dort ebenso Stresshormone verhindert wie Glückshormone produziert.

Kein einzelnes Ereignis der Schwangerschaft hat einen so prägenden Einfluss auf Fötus und Mutter wie die Geburt. Auf Basis der Informationen, die mir mehr als einhundert Mütter von Schülern zur Verfügung gestellt haben, ergaben sich für die folgenden drei Arten von Geburtsverläufen unterschiedliche Ergebnisse bezüglich der Wahrscheinlichkeit, ob jemand im Falle eines ADS-Tests mit einem positiven Befund rechnen müsste.

9.1 Geburt als fließender Einstieg in die weite Welt

Wenn die Geburt ohne größere Komplikationen und relativ schmerzfrei verläuft, wird sie von beiden weniger als einschneidendes Ereignis denn als fließender Übergang wahrgenommen. Der Fötus taucht quasi in eine andere Welt ein, ohne den Übergang als Zäsur zu erleben. Stanislav Grof, Arzt, Bewusstseinsforscher und Mitbegründer der transpersonalen Psychologie, spricht von einer „ursprünglichen symbiotischen Einheit des Fötus mit dem mütterlichen Organismus in der intrauterinen Existenz“. Stanislav Grof, Geburt, Tod und Transzendenz, Rowohlt Verlag, Hamburg 1998, S. 109

Grof fand heraus, dass die Zeit um die Geburt herum, die sogenannte perinatale Phase, für die spätere Entwicklung eines Menschen von fundamentaler Bedeutung ist. Er entdeckte, dass an der Schnittstelle Geburt das persönliche Unbewusste und das Kollektive Unbewusste auf eine Weise verbunden sind, wie es sonst nur unter Einfluss halluzinogener Substanzen wie etwa LSD möglich ist. In dieser Phase habe der Fötus einen intuitiven Zugang zu prägenden Ereignissen in seinem späteren Leben wie etwa die liebende Zuwendung von der Mutter, das Spiel mit anderen Kindern oder lebensgefährliche Situationen (Grof, a.a.O. S. 110). Inwieweit der Geburtsverlauf unmittelbaren Einfluss auf die Auswahl der zukunftsbezogenen Bilder hat, wurde offenbar noch nicht erforscht. Es liegt jedoch die Vermutung nahe, dass unterschiedliche Bilder auftauchen, wenn eine verdrehte Nabelschnur die Sauerstoffzufuhr unterbindet oder sich der Gang durch den Geburtskanal wie ein Gleiten auf einer Wasserrutsche anfühlt.

Je fließender dieser Übergang erfolgt, desto weniger wird er dem Fötus beim Übergang in den Babystatus bewusst. Der frisch geborene Erdenbürger befindet sich mit seiner Mutter mental noch im Zustand einer ozeanischen Verbundenheit, die er in störungsfreien Phasen als Paradies erlebt hat. Alles Schöne, was er dort empfunden, gefühlt und geträumt hat, geschah, ohne dass er dazu aktiv etwas beitragen musste. Und so gleitet er mit der Erwartungshaltung in die neue Welt, dass dort die selben Rahmenbedingungen gelten wie in der alten.

Unter günstigen Umständen können die Betroffenen noch eine glückliche frühe Kindheit erleben. Sobald sie in die Schule kommen, wird es für sie von Jahr zu Jahr schwieriger. Dort werden zunehmend unangenehme Anpassungsleistungen von ihnen erwartet, das Gegenteil von dem, was dem Naturell dieses Typs entspricht. Er möchte am liebsten träumen, spielen, entdecken und genießen, mit so wenig Anstrengung und so viel Freude wie möglich. Bei einem ADS-Test wäre die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, dass dem Schüler ein Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom bescheinigt wird, während er sich in Wirklichkeit nur gegen unlustbetonte Anpassungsleistungen wehrt. Seine Fähigkeit, aufmerksam zu sein, ist oft sogar überdurchschnittlich gut entwickelt.

Nach dem derzeitigen Stand der Hirnforschung gibt es offenbar noch keine Methode, mit der sich die Qualität des bildhaften Vorstellungsvermögens eines Fötus während der Schwangerschaft messen lässt. Da ich diese Eigenschaft standardmäßig bei allen Schülern checke, fiel mir auf, dass diejenigen, die ohne großen Widerstand durch den Geburtskanal „getaucht“ sind, fast ausnahmslos über ein exzellentes bildhaftes Vorstellungsvermögen verfügen. Dieses ermöglicht es ihnen, sich sowohl an den Bildern, die sie in der Außenwelt wahrnehmen, als auch an ihren inneren Vorstellungen um ein Vielfaches mehr zu erfreuen als andere Kinder. Umgekehrt leiden sie stärker unter Bildern, die unangenehme Gefühle und Körperempfindungen in ihnen hervorrufen. Beim Lernen lassen sie sich leichter inspirieren aber auch schneller frustrieren. Deshalb sind sie dabei viel mehr auf positive Schwingungen in ihren bildhaften Innenwelten angewiesen und beim Lernen in der Gemeinschaft auf eine Atmosphäre, in der Freiheit und wechselseitiges Wohlwollen vorherrschen.

Typ 1 in Kürze:

Das Kind hat meist einen ähnlich guten Zugang zu faszinierenden Traumwelten wie in der späten Phase der Schwangerschaft. Es kann zu einer „Verwechslung von Tagträumen mit der Wirklichkeit kommen“ (Grof, a.a.O. S. 110). Besonders wenn unlustbetonte äußere Anpassungsleistungen von ihm eingefordert werden, neigt es später dazu, sich schönen Fantasien hinzugeben oder sich mit äußeren Dingen zu beschäftigen, die ihm Freude bereiten und sein starkes Verlangen nach Selbstwirksamkeit befriedigen.

Die Wahrscheinlichkeit einer positiven Testung auf ADS ist relativ hoch.

9.2 Geburt als Trauma

Der Begriff Trauma stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet Wunde. Während die körperlichen Wunden, die Mutter, Kind oder beide bei der Geburt erleiden, meist schnell verheilen, können seelische Wunden die Betroffenen ein Leben lang quälen. Die häufigste traumatisierende Ursache, über welche Mütter meiner Schüler berichteten, war ein längeres Feststecken des Fötus im Geburtskanal, insbesondere, wenn sich das Problem nur durch einen Notkaiserschnitt lösen ließ oder weitere Komplikationen wie etwa eine Verdrehung der Nabelschnur hinzukamen.

Zu den häufigsten langfristigen Folgen eines Geburtstraumas zählen vor allem bei den Kindern der Verlust von Selbstvertrauen, Vertrauen in Mitmenschen, Urvertrauen sowie Panik oder Blackout, sobald sie bei der Lösung einer Aufgabe steckenbleiben. Sofern es während der Geburt zu einer Unterbrechung der Sauerstoffzufuhr beim Fötus kommt, ist später die Atmung des Kindes in kritischen Situationen besonders anfällig. Meist ohne es zu bemerken, fahren diese Schüler zum Beispiel während einer Klassenarbeit ihre Atmung unwillkürlich gegen Null herunter, wenn Sie Angst haben, eine bestimmte Aufgabe nicht lösen zu können. Die Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff kann dessen Leistungsfähigkeit so sehr verringern, dass ein konzentriertes Arbeiten nicht mehr möglich ist.

Ein schweres Geburtstrauma kann die Beziehung zwischen Mutter und Kind ein Leben lang belasten. Das gilt besonders für den Fall, dass beide unmittelbar nach der Entbindung für längere Zeit getrennt waren. Dann können Minuten darüber entscheiden, in welchem Maße die gestörte Verbindung zwischen ihnen später geheilt werden kann. Besonders für das Baby ist es wichtig zu erfahren, dass ihm bei der Geburt sein Lebensraum nicht abhanden gekommen ist, sondern sich erweitert hat. Aber auch die Mutter kann in dieser Situation nichts mehr beruhigen, als ihr gesundes Baby so schnell wie möglich in den Armen zu halten, selbst wenn es noch eine Weile fürchterlich schreit.

Falls die seelischen Wunden, die Mutter und/oder Kind sich bei der Geburt zugezogen haben, nicht zu Beginn der postnatalen Phase erstversorgt werden können, ist damit zu rechnen, dass auf beide langfristige posttraumatische Belastungen zukommen, die ihr Verhältnis zueinander gravierend stören können. In der Regel sind ihnen diese Störungen nicht bewusst. Dann kann es zu irrationalen Irritationen kommen, wie zum Beispiel beim gemeinsamen Lernen. Auf der unbewussten Ebene ist die perinatale Situation immer noch präsent. Wenn diese Situation in ihren Köpfen als schwere gemeinsame Niederlage abgespeichert ist, kann sie jederzeit reaktiviert werden, sobald beide das Gefühl haben, eine schwierige Aufgabe nicht gemeinsam lösen zu können.

Sobald der Mutter diese Zusammenhänge bewusst werden, kann sie entscheidend dazu beitragen, die verunsichernden unbewusste Ängste aufzulösen und die daraus resultierenden irrationalen Widerstände zu verringern, die die Entwicklung ihres Kindes blockieren, insbesondere beim Lernen. Sie wird dann auch nicht mehr in Versuchung kommen, die Schuld für das Geburtstrauma bei sich, ihrem Kind, der Hebamme oder dem Arzt zu suchen. Indem sie die furchtbaren Gedanken- und Verhaltensmuster versteht, die das Trauma erzeugt hat, kann sie für sich und ihr Kind Lösungen finden, wie diese in fruchtbare Muster umgewandelt werden können. Nach meinen Erfahrungen können dabei u.a. die Texte und Übungen zu den Themen Selbstwahrnehmung und Selbststeuerung auf dieser Website hilfreich sein.

Typ 2 in Kürze

Dieses Kind hat große Angst vor allem, was mit Kontrollverlust verbunden ist. Sobald es bei der Lösung von Aufgaben an einer Stelle stecken bleibt, gerät es in Panik. Nicht nur seine Atmung stockt, auch sein Gehirn ist blockiert. Es kann dann nicht mehr klar denken und konzentriert arbeiten.

Bei einem schweren Trauma ist die Wahrscheinlichkeit einer positiven Testung auf ADS sehr hoch.

9.3 Geburt als Kampf und Befreiung

Oft entscheiden nur wenige Minuten darüber, ob eine Geburt von der Mutter und dem Fötus eher als Akt der Befreiung oder als Trauma erlebt werden. Dass die Reise durch den Geburtskanal ganz ohne Kampf und Krampf verläuft, ist eine seltene Ausnahme. In der Regel kommt es im Verlauf zu Stockungen, die je nach Dauer und Intensität der Einengung mehr oder weniger starke körperliche und seelische Wunden verursachen können. Wie sich letztere auf das spätere Leben von Mutter und Kind auswirken, hängt auch davon ab, in welchem Maße sie glauben, den letztlich gelungen Ausgang selbst bewirkt zu haben oder durch Dritte aus ihrer Not befreit worden zu sein.

Auch wenn Mutter und Fötus von Beginn der Schwangerschaft an sich in einem kontinuierlichen Kommunikationsprozess befinden, so ist in der Regel die Geburt das erste riskante Abenteuer, das sie gemeinsam zu bestehen haben. Wenn beide in diesem Befreiungskampf von existenzieller Bedeutung die Erfahrung machen durften, als Team eine extrem schwierige Aufgabe lösen zu können, wird sie dieses Erfolgserlebnis ein Leben lang verbinden. Nicht nur das jeweilige Selbstvertrauen wird dadurch gestärkt, sondern auch das wechselseitige Vertrauen und Zutrauen stehen von Anfang an auf einem soliden Fundament.

Mütter, die die Geburt des mir anvertrauten Kindes als gelungenen Befreiungskampf schilderten, berichteten häufig von einer unbeschwerten frühen Kindheit. Oft wurde die Einschulung als Zäsur beschrieben, nach der Mutter und Kind sich erneut im Kampfmodus befanden. Der Kampf bestand hauptsächlich darin, ihrem Kind die täglichen Anpassungsleistungen abzuringen, die der Schulalltag von ihm einforderte. An dieser Stelle war aus der Stärke, die beide aus dem geglückten Geburtsverlauf bezogen hatten, schließlich eine spezifische Schwäche geworden. Die Beziehung zwischen Mutter und Kind war so eng und tief, dass beide sich meist blind verstanden. Mit der Kita, spätestens jedoch seit dem Schulbeginn, gab es dann den großen Schock. Das Kind fühlte sich von seinen Mitschülern und/oder Lehrern so fundamental unverstanden, dass es die Schule hasste und die Lust am Lernen immer mehr verlor, obwohl es intelligent und wissbegierig war.

Typ 3 in Kürze

Kinder dieses Typs profitieren zunächst von einer nahezu symbiotischen Verbindung mit ihrer Mutter, von der Schwangerschaft bis in die frühe Kindheit. Sie fühlen sich umfassend verstanden und angenommen. Je mehr Zeit sie später in der Gemeinschaft mit anderen verbringen müssen, desto mehr leiden sie darunter, dort nicht wie gewohnt verstanden zu werden und die volle Aufmerksamkeit zu bekommen. Das vergebliche Ringen darum kann dann dem Kind mehr Energie kosten als der eigentliche Lernaufwand.

Die Wahrscheinlichkeit einer positiven Testung auf ADS reicht hier von niedrig bis hoch.

Sie ist sehr gering, wenn das symbiotische Verhältnis zwischen Mutter und Kind sich nach der Entbindung allmählich auflöst. Falls die symbiotischen Züge noch zu Beginn der Schulzeit dominieren, ist ein positiver ADS-Befund hoch wahrscheinlich.

10. Vorinformationen zum alternativen ADS-Test

ADS oder ADHS lassen sich bisher nicht allein mithilfe eines Tests diagnostizieren – Stand August 2020.

Sofern Sie zu dieser Frage im Internet recherchieren, werden Sie in allen seriösen Quellen diese Aussage bestätigt finden. Als Einstieg in die Recherche kann ich Ihnen den ausführlichen Bericht auf der Seite Wiki-Diagnostik empfehlen.

Ist es angesichts dieser Tatsache überhaupt sinnvoll, einen ADS-Test selbst durchzuführen oder von anderen durchführen zu lassen? Diese Frage beantworte ich persönlich mit einem Nein, aber …! Wer von einem ADS-Test erwartet, dass er nach dem Ausfüllen eines Fragebogens weiß, ob sein Kind ADS „hat“ oder nicht, kann sich den Test sparen. Sinnvoll kann ein Test dennoch sein, wenn er in folgenden Punkten für mehr Klarheit sorgt:

Was ein ADS-Test bestenfalls leisten kann

1. Er kann Eltern und Kindern ein tieferes Verständnis dafür vermitteln, wie die getestete Person tickt.

Ich spreche in diesem Zusammenhang von psycho-mentalen Grunddispositionen, die bei jedem einzelnen Kind mit einem individuellen System der Wahrnehmung und Reizverarbeitung einhergehen. Von den vielen auf dieser Website beschriebenen Faktoren führe ich hier nur Beispiele an: Wie hoch ist die Gedankenfrequenz? Wie stark sind die von den Gedanken und inneren Bildern ausgelösten Reize und Handlungsimpulse? Wie stark sind die Reize, die von der sinnlichen Wahrnehmung ausgehen, zum Beispiel akustische Reize? Wie gut ist das bildhafte Vorstellungsvermögen meines Kindes entwickelt usw.?

2. Er kann Eltern und Kindern hilfreiche Informationen darüber liefern, welche spezifischen Defizite dem Schüler das Lernen erschweren und auf diese Weise dazu beitragen, die Rahmenbedingungen für ein entspanntes und effizientes Lernen zu verbessern.

Je genauer der Schüler weiß, wie er tickt, desto leichter ist es für ihn zu erkennen, wo ihm seine Art zu ticken beim Lernen zugutekommt und wo sie es erschwert. Sobald ihm dies mithilfe von Selbstbeobachtungs-Übungen gelungen ist, kann er für sich innere Apps entwickeln, die ihm auf Befehl jederzeit die Qualität der unter Punkt 1 beschriebenen Impulse anzeigen, und zwar auf der mentalen, psychischen und physischen Ebene. Von hier ist es nur noch ein weiterer Schritt, um innere Apps zu entwickeln, auf deren Monitoren man jederzeit ablesen kann, wie gut es einem gelungen ist, die schädlichen Einflüsse auf das Lernen über die Selbststeuerung zu minimieren.

Der folgende alternative ADS-Test für Schüler ist aus einem mehr als einhundert Fragen umfassenden Diagnosebogen entstanden, der schwerpunktmäßig die psycho-mentalen Grunddispositionen – die Frage, wie das Kind tickt – checkt, die für die Lernfreude und den Lernerfolg eines Schülers maßgeblich verantwortlich sind.

Da mir in meiner Praxis mehr als hundert Schüler begegnet sind, die unter ADS-Verdacht standen oder bereits positiv auf ADS getestet worden waren, habe ich aus dem Diagnosebogen die Fragen ausgewählt, bei denen diese Kinder besonders hohe Punktwerte erzielten. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass allein das Ausfüllen des ADS-Tests und der anschließende Austausch darüber zwischen Ihnen und Ihrem Kind oder auch noch weiteren Personen dazu beitragen wird, die Rahmenbedingungen für das Lernen zu verbessern.

Ob Sie mit einer positiven ADS-Diagnose rechnen können, sofern Sie Ihr Kind ärztlich auf AD(H)S testen lassen, kann dieser Test zwar nicht zwingend ergeben, jedoch gibt die Punktzahl einen Hinweis darauf, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass Sie bei einer Untersuchung durch einen Arzt oder Psychologen mit einem positiven ADS-Befund rechnen können.

11. Kostenloser ADS-Test Online – für Schüler

Dieser ADS-Test-Online ist geeignet für Kinder ab acht Jahren, für Schüler, Studenten und bedingt auch für Erwachsene mit Konzentrationsproblemen, die auf eine ADS-Symptomatik zurückzuführen sein könnten.

Er kann je nach Alter des Schülers von ihm selbst, seinen Eltern oder von beiden ausgefüllt werden.

Wenn Sie alle 38 Einschätzungen per Click auf 0, 1 oder 2 eingeben, werden am Ende kurze Texte eingeblendet, die Ihnen anzeigen, wie hoch die Wahrscheinlich ist, dass bei einem amtlichen ADS-Test mit einer diagnostizierten ADS-Symptomatik zu rechen wäre.

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